Der Olbia-Park
in Kemer
Zuerst meldete es im Mai 2007 Tourexpi und dann stand es in
diversen Türkei-Foren: Kemer bekommt einen neuen Stadtpark an
der Stelle, wo man 2004 den Aquapark abgerissen hatte. Ich habe
die Meldung vorschnell als veraltet kritisiert, schließlich
hatte Kemer an genau dieser Stelle bereits 2006 einen neuen Park
mit gepflasterten Wegen und Spielgeräten für Kinder und
Erwachsene (Freiluft-Fitness) erhalten. Heute stand die gleiche
Meldung aber auch in der Lokalzeitung Kemergözcü, nun mussten
wir der Sache doch auf den Grund gehen.
Kurzer Rückblick zur Geschichte:
Anfang der 90er Jahre wurde in der
Nähe des Yachthafens von Kemer der Aquapark, das heißt eine
große Wasserrutschen-Anlage gebaut. Solche langen Rutschen gab
es damals noch in keinem Hotel, all-inklusive hatte Kemer auch noch
nicht erreicht und die Anlage wurde von Touristen (meist auf
Drängen der Kinder) tagsüber gut besucht. Der Eintritt kostete etwa
10 DM. Mit dem Bau der vielen großen Hotels mit immer größeren
Wasserrutschen sowie der Einführung des all-inklusive Systems
gingen die Besucherzahlen stark zurück. Die Anlage wurde
schließlich geschlossen und abgerissen. Es dauerte
eine Weile bis sich am verwaisten Platz etwas tat. Übrigens, die
Wasserrutschen wurden nach etlichen Jahren der Zwischenlagerung
jüngst (2007) bei einem neuen Hotel wieder
aufgestellt.
Nun hatte man eine neue Freifläche
zwischen Yachthafen und Einkaufsmeile, die sogar noch erweitert
wurde, als Anfang 2006 auch die Restaurants und Cafes gegenüber
des Parkplatzes der Stadtverwaltung abgerissen wurden. Alles
wurde schön eingeebnet, Wege angelegt und mit Naturstein
gepflastert, Blumen gepflanzt, Rasen gesät und Sitzbänke
aufgestellt. Anfang Mai 2006 war der neue Park fast fertig. Im
Sommer kamen dann irgendwann noch die neuen Spielgeräte dazu,
nicht nur Schaukeln, Wippen und Hoppeltiere für die Kleinen,
sondern auch Fitness-Geräte für Erwachsene. Der Park wurde gut
angenommen, bildete er doch den Abschluss der
Strandpromenade und kreuzte sich mit der verlängerten
Hafenstraße, dem Einkaufsboulevard von Kemer.
Damit uns keiner falsch versteht,
wir freuen uns immer über die Verschönerung von Kemer berichten
zu können. Deshalb konnten wir uns also wirklich
nicht vorstellen, dass man an dieser Stelle einen neuen
Stadtpark bauen könnte. Ein Besuch vor Ort belehrte uns jedoch eines
Besseren: Tatsächlich hatte man das ganze Gelände in der letzten
Aprilwoche mit einer Art Sichtschutzzaun versehen, die
Plattenwege entfernt, mit schwerem Gerät Gräben gezogen und
Haufen aufgeschüttet. Irgendwo dazwischen schlängelt sich schon
ein Betonband. Das soll wahrscheinlich ein Wasserkanal werden.
Spiel- und Fitnessgeräte, Rasen, Blumen und Bänke - alles ist
weg. Wie wir der Presse entnehmen konnten soll der neue Park
schon in drei Monaten fertig sein! Na prima und ein dreifach
Hoch auf die (den?) "Stadtplaner", denn nun haben auch die
Touristen so richtig was von der Baustelle und können sich
auch noch auf einen neuen Uhrenturm freuen!
Wenn denn wirklich im Stadtsäckel
so viel überschüssiges Geld vorhanden war, dass man unbedingt etwas zur
Verschönerung der Stadt ausgeben musste, dann kennen wir
etliche andere Stellen in Kemer, die etwas "Make-up"
dringender nötig hätten. Von fehlenden Bürgersteigen, sicheren
Fußgängerüberwegen an der Schnellstraße (D-400), die täglich von
hunderten Schulkindern überwunden werden muss oder dem Zustand der
Schulhöfe und der eher trist anmutenden "Beamtenstadt" mal ganz zu schweigen.
Auch gäbe es da noch bedeutende Stätten, die den Besuchern nicht
zugänglich gemacht werden, wie z.B. die Ruinen der alten Basilika der
Bischofsstadt Idyros oder das seldschukische Jagdhaus,
Touristenattraktionen, die der Vergessenheit und dem Verfall
preisgegeben werden.
Es wäre interessant
zu erfahren, welche Firma den Auftrag zum Parkneubau erhalten
hat. Wie hieß es doch so schön in der ehemaligen DDR: "Baue auf
und reiße nieder, dann hast du Arbeit immer wieder!" (Joes
anderem Lieblingsspruch "Ruinen schaffen ohne Waffen" wird
leider bei diversen Bauten öfters gehuldigt).
Das bedauerliche an der Sache ist
nun, das wir von vielen türkischen Freunden und Geschäftsleuten
oft gefragt werden, warum die "Deutschen" nicht mehr kommen.
Darauf haben wir natürlich etliche ehrlich gemeinte Antworten
parat. Diese haben wir auch den in Kemer für den Tourismus
Verantwortlichen vorgetragen und sogar Hilfe beim
Übertragen von Werbetexten in brauchbares Deutsch angeboten. Das
war leider nicht nur vergeblich, sondern auch noch frustrierend,
denn als wir auf der diesjährigen ITB in Berlin wieder mal mit
"der Kirche im Stiele eines Basilikums" (Basilika s.o.)
und ähnlichen Stilblüten konfrontiert wurden, war so ziemlich
Schluss mit lustig. Das wurde
nur noch getoppt durch die Kemeraner Werbematerialien für eine
Messe in Nürnberg. Wir wissen worüber wir reden, wenn wir sehen,
dass im Urlaubskalender für deutsche Touristen Ostern im
März gefeiert wird und Weihnachten auf den 20. und 21. Dezember
fällt oder vielleicht doch nicht, denn es wird ja kein Jahr
genannt, für das er gelten soll? Schreibfehler bei den
Monatsnamen sind da schon wirklich Nebensache. Na denn: "Fangene
Sie die Sonne ein"!
Wir haben es ja mit Sprüchen und
manchmal kommt es uns so vor als ginge es nach dem Motto:
"Tourist droht mit Besuch, was können wir dagegen tun!" Das finden wir natürlich mehr als schade, lieben wir
unsere neue Heimat doch sehr. Vielleicht aber reicht der
Horizont nur bis zum neuen Stadtpark neben der Bürgermeisterei
und unserer halt nicht. Wir werden uns weiter bemühen und Joe,
von der Ostseeküste stammend, träumt weiter von einem "Mondänen
Seebad".
Nachtrag Anfang Juni 2007:
Die Bauarbeiten am neuen
Stadtpark gehen trotz offiziellem Saison-Baustopp (Bauverbot in
Tourismusgebieten ab 15. Mai) weiter. Leider scheint auch bei
diesem Bauvorhaben die Betonpumpe die Oberhand behalten zu
haben. Direkt neben dieser Baustelle hat ein Burger-King
aufgemacht. Hier einige Bilder:
Nachtrag 2 - Mitte Juli 2007:
So nach und nach lässt sich
erahnen, was hier entstehen soll. Wollen wir nur
hoffen, dass diese Wasserspiele besser gepflegt werden als die
am Cumhuriyet Meydan (Uhrenturm).
Anfang September 2007:
Viele
Kemer-Fans warten sehnsüchtig auf
neue Bilder aus ihrem Urlaubsort und wollen wissen, ob der neue
Park schon fertig ist. Man kann ja mal bei
Tourexpi nach Berichten zum Stand der Bauarbeiten suchen.
Wir jedenfalls laden sie alle zu einem aktuellen Rundgang ein.
Luft: 36 Grad, Wasser 33 Grad und natürlich Sonnenschein. Seit
Juni hat es hier nicht mehr geregnet, da braucht man Schatten
und Abkühlung. Einige leicht bekleidete Damen haben das mit der
Abkühlung sofort ausprobiert, nur mit dem Schatten ist das so
eine Sache. Das Konzept ist nun deutlich sichtbar aber so ganz
fertig scheint der Park auch nach vier Monaten Bauzeit,
vielleicht "saisonbedingt", nicht zu sein.
21.09.2007:
Der neu erbaute Park hat nun auch
offiziell den Namen "Olbia-Park" erhalten. Eine Steinplatte im
Eingangsbereich zeigt die Gesamtanlage und enthält Details zur
Namensgebung. Aber selbst der ins Englische übersetzte Text auf
der Tafel lässt uns eher rätseln um welche historische Stadt es
sich handeln könnte.
Irgendwie hat er mit einer antiken Stadt namens "Olbia" zu
tun und Münzfunde würden belegen, dass es diese bis ins 5.
Jahrhundert gegeben hat. Doch welches Olbia ist gemeint? Das in
Sardinien, das in Südfrankreich oder gar das Olbia am Schwarzen
Meer? Weit gefehlt, 5 km westlich vom heutigen Antalya, etwa
unter dem heutigen Migros-Einkaufszentrum gelegen, soll es noch
ein Olbia gegeben haben, das einzig wahre und echte, natürlich,
vielleicht oder doch nicht?
Der türkische Forscher Prof. Dr. Sencer Şahin ist der
Überzeugung, dass dieses antike Olbia genau dort lokalisiert
werden kann, wo sich heute die Stadt Kemer befindet. Natürlich
lassen wir uns gerne über neue Deutungen aufklären, die dem
alten "Eski-Köy" einen antiken Ursprung verleihen.
Der Park selbst mausert sich und anfänglich betonierte
Flächen erstrahlen nun auch in sattem Grün. Bis auf die beiden
großen runden Brunnen und den Randstreifen zum neuen
"Einkaufsparadies", mit der "Fast-Food-Oase", scheint alles
fertig zu sein, na ja: so als ob!
Das erste Probesitzen einer "Nymphe" am Hauptbrunnen hat
auch schon stattgefunden. Welch "niedlicher" Kontrast zum
"Liebesbrunnen" und das auch noch "live und in Farbe". Wir
lassen uns weiterhin überraschen, welche Details diesen Park
noch anreichern werden, Uhrenturm, hörten wir dich ticken?
Noch eine kleine Bemerkung am Rande:
In früheren Reiseführern (den türkischen) konnte man etwas über
den alten Bischofssitz in Idyros (größtenteils abgebaggert) und
das seldschukische Jagdhaus (nicht zugänglich), jenen bis heute
sichtbar vorhandenen Wurzeln von Kemer, erfahren. Leider sind
beide dem Vergessen und Verfall anheim gefallen. Eine uralte
Stadt namens "Olbia" aus dem "Ärmel zu zaubern" scheint,
angesichts der uns bekannten Historie, doch eher wie eine "Fata
Morgana".
Da helfen die aufgestellten "pseudo-antiken" Säulen genauso
wenig wie die vielen teuren Palmen, die in der hiesigen Flora
nie heimisch waren!
1. Oktober 2007
Nun scheint es vollbracht – der
Olbia-Park in Kemer ist fertig.
Bei unserem heutigen Bummel
(01-10-2007) zeigte sich das neue Kleinod unseres Seebades in
vollendeter Schönheit. Die Gedenktafel ist frisch coloriert und
auch die Sockel sind bestückt. Angesichts des nahen Meeres
machen sich Fische inmitten einer erfrischenden Gischt von
Fontänen immer gut als Brunnenfigur. Zusätzlich gibt es auch
wieder einen Spielplatz für Erwachsene, zwei "Nymphen"
trainierten da gerade den Hüftschwung.
Auch der versprochene Uhrenturm
weckt unsere Aufmerksamkeit! Er tickt zwar nicht, doch in echt
antikem "purpur-rot" strahlen seine digitalen, nein, nicht
Zeiger - sondern leuchtenden Segmente. Von ferne einer Sonnenuhr
ähnlich, erscheint uns sein ultramodernes stählernes "Outfit"
doch mehr anderen, in Kemer vorhandenen, Figuren angelehnt.
Oh "Olbia", wo bist (wo warst) du,
"HIER" scheinen alle diese "Monumente" zu
raunen.
Für den Schnittpunkt zwischen
Hafenstraße und Uferpromenade, der "Haupt-Wandel-Meile" für
Touristen in Kemer gelegen, gibt es nun einen neuen Treffpunkt,
der hoffentlich zum Mittelpunkt für die Urlauber in der neuen
Saison wird.
15. April 2010
Der Olbia Park ist schon wieder
Geschichte - jetzt heißt die Grünanlage
"TOP.KD.YZB
MUSTAFA ERTUĞRUL AKER" Park und
hat ein neues Denkmal.
|