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Demre - Myra und Andriake: Ausgrabungen 2010

Unser Interessengebiet reicht natürlich über Kemer und Phaselis hinaus. Um Neues über Ausgrabungen in antiken Stätten unserer Umgebung zu erfahren, fahren wir ab und zu nach Antalya, um im Akmed-Zentrum Vorträge zu den letzten archäologischen Forschungsergebnissen zu hören. Diese Vorträge in türkischer Sprache werden meist von den Professoren der Akdeniz Universität aber auch von ausländischen Gastausgräbern gehalten. Man hat sich dort schon an uns gewöhnt und schickt uns regelmäßig Einladungen. Joe fotografiert dann die gezeigten Dias und falls er etwas nicht ganz verstanden hat, erkläre ich es zu Hause am Computer bei der Durchsicht der Bilder. Außerdem kann man dort im "Kaleici Museum" in der Altstadt interessante Bücher zu den Ausgrabungen erwerben. Da Kemer weiterhin eine „Buchladen freie Zone“ ist, nehmen wir diese Möglichkeit immer gerne wahr.

 

Am 10. Januar 2010 erfuhren wir bei einem Vortrag über Myra und Andriake von Prof. Dr. Nevzat Çevik (archäologische Fakultät der Akdeniz Universität Antalya) Neues über den riesigen römischen Kornspeicher (Granarium) und die Ausgrabung einer jüdischen Synagoge im Hafengebiet, außerdem war die Rede von Purpurschnecken, deren Überreste in einer riesigen Halde liegen sollen.

 

Das gesamte Gebiet des heutigen Demre wurde in den vergangenen 2000 Jahren durch mehrere große Überschwemmungen mit viel Sand und Geröll bedeckt, so das die Stadt im Ergebnis von Bodenanalysen nunmehr bis zu 6 m über dem Niveau der antiken Stadt Myra liegt. Die Ebene (Delta mehrerer Flüsse) ist heute fast vollständig mit Wohnbauten und Gewächshäusern überbaut  (Panorama Bild), aber, außer beim Brunnenbau, wurde kaum tiefer im "klassischen" Untergrund gebuddelt. Nun wird gezielt nach verschütteten Bauwerken im Boden gesucht.

 

Der imposante Bau des Kornspeichers in Andriake soll irgendwann zu einem "Lykischen Museum" ausgebaut werden. Ein angemessenes Bauwerk für die zahlreichen Fundstücke aus der Region, auch wenn es nachgewiesener Maßen ein Relikt aus römischer Zeit ist.

 

Für uns war dieser Vortrag so anregend, dass wir eine Woche später mit Hildegard nach Demre-Andriake fuhren, um eigene Fotos zu machen. Allerdings war das Wetter nicht perfekt, anfangs bewölkt, dann kam leichter Nieselregen auf und als wir noch einen Blick auf die Felsengräber der Nordnekropole von Myra am Flussbett werfen wollten, goss es schließlich in Strömen. Auf der Hinfahrt riss ausgerechnet in der Mitte der sehr kurvenreichen Straße zwischen Finike und Demre der Keilriemen unseres Autos. Die Zeiten, wo man so etwas mit Damenstrümpfen (Nylon) repariert, sind lange vorbei, außerdem trage ich, wenn überhaupt, meist handgestrickte Wollsocken. Nun fährt unser braver Diesel auch ohne viel Schnickschnack, aber die Bremskraftverstärkung habe ich auf der Strecke doch sehr vermisst. Schon blöd, wenn man auf die Bremse tritt und das Gefühl hat, einen Stein in den Boden treten zu wollen! Also fuhr ich den Kurven entsprechend langsam - sehr zum Ärger der hinter mir Fahrenden, denen ich das "Frau am Steuer" förmlich von den Lichtzeichen ablesen konnte.

 

Das Gelände der KfZ-Werkstätten (Oto Sanayı) von Demre lag zum Glück an der Hauptstraße kurz vor dem Abzweig zum Hafen von Andriake. Joe fürchtete zwar, dass es eigentlich nur ein Schrottplatz sei und man mein Auto gleich in Teile zerlegen würde, aber er ging trotzdem mit Hildegard schon mal vor zum  Quellheiligtum (Nymphaeum), gleich hinter den Werkstätten und deren Müllhalden gelegen. Notfalls würden beide die paar hundert Meter nach Andriake auch laufen, ich sollte dann nachkommen, wenn das Auto fertig sei. Das habe ich nun davon, dass ich nicht nur Chauffeur sondern auch noch der Dolmetscher bin. Doch die Jungs in den Werkstätten waren auf Draht (nein Keilriemen!) und schon nach 20 Minuten hatten sie für 20 Lira einen neuen eingebaut, so dass ich meine Fahrgäste an der nächsten Kreuzung einsammeln und nach Andriake kutschieren konnte.

 

Interessant ist auch der Moscheeturm im Gewerbegebiet anzuschauen, denn er scheint, entgegen aller sonstigen Geflogenheiten, nicht aus Stein sondern aus Stahlrohren und Blech zusammengebaut worden zu sein. In Richtung Andriake biegt man von der D-400 links ab in Richtung Çayağzı (Andriake) und nach etwa 200 m geht es nochmals links über das verlandete Flussbett. Dann ein wenig bergauf und nach etwa 100m steht man vor der Schranke zum Ausgrabungsgebiet. Wer mit dem Bus/Dolmus anreist, kann den Weg von der Hauptstraße bequem zu Fuß bewältigen. Die Ausflugsbusse mit Bootsfahrt nach Kekova fahren am zweiten Abzweig geradeaus weiter zum heutigen Hafen, wo die Gulets warten.

 

Wir fanden auf dem Gelände, welches mit vielen uralten Olivenbäumen bestanden ist, den Kornspeicher, denn der ist so groß, dass man ihn kaum auf ein Bild bekommt und auch die ausgegrabene Synagoge ist leicht zu sehen. Die Steinplatte mit dem Relief einer Menora (siebenarmiger Leuchter), die das Gebäude als jüdische Gebetsstätte identifizierte ist aber längst in Sicherheit gebracht und demnächst im Museum zu sehen.

 

Dann wagten wir einen Blick von oben in das unterirdische Lagerhaus, dass so malerisch die Einladung zum Vortrag geschmückt hatte, aber es war uns einfach zu steil und viel zu matschig, um da runter zu klettern und es von innen zu fotografieren. Am Hang vor dem Kornspeicher in Richtung Wasser glaubten wir bei diesem ersten Besuch noch einige Grundmauern und Kellergewölbe im grünen Gras zu erkennen. Der immer stärker werdende Regen vertrieb uns schließlich aus Andriake und die uns bisher unbekannten Felsengräber der Nordnekropole von Myra haben wir dann nur noch aus dem Auto heraus fotografiert.

 

Am 23.Oktober 2010 sprach zum Auftakt der neuen Vortragsreihe im Akmed-Zentrum wieder Prof. Dr. Nevzat Çevik über die Grabungsergebnisse der Saison 2010 und berichtete stolz von der Freilegung von Geschäften, Lagerräumen und umfangreichen Produktionsstätten mit Öfen zur Herstellung des begehrten Purpur-Farbstoffes in Andriake.

 

Der wichtige Fund einer christlichen Kapelle in Myra aus dem 11. oder 12. Jh. nach Chr. mit recht gut erhaltenen Fresken war ein weiterer Höhepunkt des Vortrages. Eine Ecke dieser Kapelle ragte in einen Bewässerungskanal und der Grundstücksbesitzer rief die im Ort tätigen Archäologen heran, sie sollten doch mal schauen, ob das auch "alte Steine" seien. Wer heute das riesige teilweise überdachte Loch vor dessen Haustür sieht, kann sich leicht vorstellen, dass der Bauer nicht unbedingt glücklich über den bedeutenden Fund sein mag. Aber laut Prof. Çevik hätte der Mann notfalls auch seine neue Garage für die Ausgrabungen geopfert, wenn er dann die Genehmigung erhalten würde, die zu erwartenden Touristenscharen mit einem kleinen Kiosk/Cafe versorgen zu dürfen. Überhaupt hätte sich die Bevölkerung von Demre den Ausgräbern gegenüber sehr kooperativ verhalten und sie immer wieder mit Fahrzeugen, schwerem Arbeitsgerät aber auch Brot und Käse unterstützt.

 

Nach diesem Vortrag sollte es aber fast einen Monat dauern, bis wir bei bestem Wetter und Sonnenschein am 18. November wieder nach Demre und Myra fahren konnten. Diesmal begleitete uns Moni und es gab allen Unkenrufen zum Trotz keinen Abstecher zu den Auto-Werkstätten. Moni war zwar schon mehrmals am Bootshafen gewesen, aber die paar Ruinen auf der anderen Seite des Wassers hatte sie nur aus der Ferne gesehen. Nun war sie sehr überrascht, wie viele Gebäude hier standen und was für eine interessante Ausgrabungsstätte Andriake ist. Aber auch wir waren ebenfalls verblüfft, welche Menge an Sehenswürdigkeiten die Archäologen der Universität Antalya in diesem Jahr freigelegt hatten.

 

Im vorderen Bereich stapelten sich auf einer Wiese hunderte von sortierten, nummerierten Steinblöcken und wo wir im Januar Fundamente und Kellergewölbe zu sehen glaubten, hatte man drei bis vier Meter tief gegraben und Räume mit Fenstern, Türen und noch tiefer gelegenen Kellern zum Vorschein gebracht. Jetzt ergibt sich ein ganz anderes Gefühl, weil man nicht mehr zwischen 20 cm hohen „Fundamentresten“ sondern durch richtige Räume gehen kann. Man sieht die alten Wasser/Entwässerungsanlagen, Treppen, Säulen und Podeste für Denkmale. Im Bereich der Purpurproduktion sind die Rundöfen zu erkennen und auch die Halde mit den Purpurschneckenschalen konnten wir jetzt besser zuordnen. Ein anderer Hügel daneben besteht praktisch komplett aus Amphoren-Scherben, einem Abfallprodukt der Purpurherstellung, da die Schnecken lebend in den Amphoren langsam erhitzt wurden, um die wertvollen Farbstofftropfen zu gewinnen. Die Amphoren wurden schließlich zerschlagen, um an den verklumpten Inhalt zu gelangen, Einwegflaschen der Antike!

 

Nach einem ausgedehnten Gang durch Andriake und auch wieder einem Besuch des Quellheiligtums an der Kreuzung fuhren wir in Richtung Myra, in der Hoffnung einen Wegweiser zu der neu ausgegrabenen Kapelle zu finden. Die Nikolauskirche von Demre besuchten wir diesmal nicht. Da kein Wegweiser zu erspähen war, fragte ich schließlich am Eingang zum Theater von Myra den Ticketverkäufer nach der Kapelle, er wies mir auch gleich den Weg, 100m weiter der Straße folgend, den angebotenen Führer lehnte ich dann dankend ab. Es lohnte eigentlich kaum, dass Auto noch einmal in Bewegung zu setzen, jetzt wo ich es wusste, konnte ich die Überdachung der Kapelle schon sehen. Aber natürlich fuhren wir dann doch die paar Schritte weiter.

 

Die kleine Kapelle ist bis auf Teile des Daches noch gut erhalten, sogar einige Dachziegel liegen an Ort und Stelle. Fotos unseres Rundgangs um die Ausgrabungsstelle hier in einer Diashow.

 

Anschließend fuhren wir direkt hinter der Kapelle noch ein Stück durch die Gewächshäuser, aber der Weg endete bald und Joe machte sich zu Fuß auf den Weg, um noch ein paar Bilder der Felsengräber zu schießen. Auf dem Heimweg kamen wir noch an die Brückenbaustelle, hier hatte eine Flut im Frühjahr die alte Brücke weggerissen. Auf der anderen Flussseite steht eine große neue Moschee mit zwei hohen und zwei kleinen Minaretten. Wir fragten uns, ob diese wohl von zwei großen und zwei kleinen Sündern gestiftet wurden.

 

Alle Bildersammlungen zu den Ausgrabungen 2010 in Demre:

 

1. Andriake - die Hafenstadt von Myra (53 Bilder)

 

2. Purpurherstellung in Andriake (16 Bilder)

 

3. Das Quellheiligtum bei Andriake (20 Bilder)

 

4. Die christliche Kapelle aus dem 11./12. Jh. in Myra (15 Bilder)

 

Weitere Informationen zu Demre und Myra finden Sie auch hier:

 

Demre - Stadt des historischen  Nikolaus (Informationsseite)

 

Die Nikolauskirche in Demre (34 Bilder)

 

Die Felsengräber und das Theater von Myra (36 Bilder)

 

Eine Übersicht zu unseren Bildersammlungen von antiken Stätten: "Blick in die Antike"