www.kemer-tr.info: Der aktuelle online Reiseführer für Kemer und Umgebung -Der online Reiseführer für Kemer und Umgebung mit wertvollen Informationen für Reisende, illustriert durch zahlreiche Bilder. Hier können Sie Ihren türkischen Urlaubsort KEMER schon vor der Abreise etwas kennen lernen. Hier erfahren Sie alles über Kemer, Beldibi, Göynük, Kiris, Kuzdere, Camyuva, Tekirova, Cirali, Olympos und die beeindruckende Bergwelt des westlichen Taurusgebirges.  

Nomadenfest: Çukuryayla Yörük Şenlikleri

Am 12. Juli 2009 fand in den Bergen oberhalb von Gedelme ein „Nomadenfest“ statt, das „1. Kemer Çukuryayla Yörük Şenlikleri“. Diese Veranstaltung wurde bereits eine Woche zuvor in der Lokal-Zeitung und auf großen Spruchbändern, die auch bei uns im Dorf hingen, angekündigt. So nutzten wir die Gelegenheit uns zu erkundigen, wo denn die „Çukuryayla“ (sprich Tschu-kur-jei-la = "Lochalm") liegen könnte. Auf allen uns verfügbaren Karten war dieser Flecken nämlich nicht zu finden. Deshalb hat uns unser langjähriger Freund und ortskundiger Straßenbauer, Turhan Bey, inzwischen stellvertretender Bürgermeister von Kemer, eine ziemlich genaue Straßenkarte gezeichnet. Hoch oben in den Bergen auf etwa 1800 m Höhe gelegen, nur Einheimischen bekannt und auch nur die wurden zur Teilnahme gebeten, denn die Ankündigungen gab es ausschließlich in türkischer Sprache.

Durch die Eingemeindung unseres Dorfes Kuzdere, es ist seit Januar 2009 Stadtteil des „Riviera-Seebades“ Kemer, gehört nun selbst diese abgelegene Hochalm zum Stadtgebiet. Veranstalter waren die Stadt Kemer und der „Umweltschutz- und Jagdverein Kuzdere“. Der neue Bürgermeister, Mustafa Gül, der durch die Unterstützung der Kuzderaner Wähler die Kommunalwahlen Ende März überlegen gewonnen hatte, bedankt sich nun mit diesem besonderen Fest. In den letzten Tagen vor dem Fest wurden laut Zeitungsberichten, sogar die alten Holzfällerpfade zu Straßen ausgebaut.

Zwei Tage vor dem großen Ereignis fragte unsere Nachbarin zaghaft an, ob wir auch zum Fest fahren würden. Vielleicht könnten wir ihre Tochter mitnehmen und auch den Papa? Der Sohn, als begeisterter Enduro-Fahrer, würde mit dem Motorrad hinaufdonnern. Da wir die Grenzen unseres schon sehr betagten Autos in den Bergen kennen (17 Jahre und 350 000 km gehen an einem „Reiskocher“ auch nicht spurlos vorbei) sagten wir für Tochter und Vater zu.  Die Mitnahme weiterer Verwandten oder Nachbarn, die sonst gerne von uns zu den Hochzeiten transportiert werden, mussten wir daher konsequent verweigern.

Das Fest sollte um 10 Uhr beginnen, daher legten wir die Abfahrt in Kuzdere auf  9:30 Uhr fest, denn wir wissen aus langjähriger Erfahrung, dass türkische Veranstaltungen nicht ganz so pünktlich beginnen und türkische Familien schon gar nicht an einem Sonntagmorgen so früh aufbrechen würden.

Da unsere Nachbarn uns jetzt schon gut kennen, standen sie auch pünktlich vor der Tür und die Tour konnte beginnen. Während wir ja regelmäßig in die Berge fahren, waren die beiden schon seit Jahren nicht mehr so hoch oben gewesen. Die handgezeichnete Karte mit den ungefähren Entfernungsangaben stellte sich unterwegs als außerordentlich brauchbar zum Finden der jeweils einzuschlagenden Richtung heraus, ab und zu gab es sogar ein Hinweisschild zum „Yayla Şenliği“. Die von Turhan Bey und der Zeitung versprochenen neu gebahnten Straßen empfanden nicht nur wir, sondern auch die mitfahrenden Nachbarn, mehr als steile steinige und staubige Holperpisten. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass viele Leute mit ihren normalen Autos diese Strecke meistern würden. Nach ca. 1,5 Stunden erreichten wir mit einigen Mühen (aussteigen, schieben usw.) das ersehnte Ziel. 

Die Çukuryayla ist ein überaus malerisches Hochtal und neben der Nord-Ost-Flanke des Tahtali-Massivs gelegen. Rund um die Talsenke stehen riesige uralte Zedern und auf den Wiesen wachsen Wildkräuter. Vom schwülen Sommer, wie unten in Kemer, war nichts mehr zu spüren, es war eher kühl und der Himmel bedeckt. Der Wind trieb einzelne Nebelschwaden über die Berge, die den märchenhaften Eindruck der Gegend noch verstärkten.

Völlig getäuscht hatten wir uns allerdings über die Unternehmungslust der Nachfahren der Nomaden. Offensichtlich waren die Veranstalter und etliche Helfer schon am Vortag in die Berge gefahren, um alles rechtzeitig vorzubereiten. Rund um die Festwiese waren Zelte aufgestellt, Fahrzeuge abgestellt und weiträumige Parkflächen eingerichtet. Aber eigentlich wollte jeder mit seinem Fahrzeug möglichst dicht an der Festwiese stehen und dort seine Picknickteppich ausbreiten. Etwas abseits waren Toilettenzelte aufgestellt, die ein kleiner Tankwagen der Stadt Kemer mit  Spülwasser versorgte. Die ersten hundert Fahrzeuge waren schon eingetroffen (viele sollten später noch folgen) und die Stimmung der bereits Anwesenden (wir schätzten gegen 11 Uhr knapp 1000) bereits bestens, als wir diesen Ort erreichten. Ein wahres Nomaden-Getümmel, freies Volk unter freiem Himmel, fand sich zum fröhlichen Treiben mit lange nicht gesehenen Nachbarn zusammen. Nun konnten auch wir sehen und begreifen wie tief solche Traditionen hier noch verwurzelt sind.

Wer schon mal eine türkische Familie beim Picknick gesehen hat und das nun mal 100 oder mehr nimmt, bekommt eine vage Vorstellung vom äußeren Rahmen dieses Festes. Zwischen den Leuten, den Autos, den Bussen (auch ein Dolmusch aus Kuzdere hatte es herauf geschafft!), den üblichen Pickups, schikimiki Jeeps, gab es auch Esel, Kamele, Trommler und Pfeifer, einige Traktoren und natürlich die zahlreichen Enduro-Zweiräder des Jungvolkes. Jeder wollte natürlich der Beste, nein der Allerbeste seiner Zunft sein! So lebens-, sinnen- und farbenfroh, für "europäische Augen", die sonst mit sogenannten "Mittelalter-Shows" beglückt werden, ein umwerfendes Erlebnis.

Nach den Strapazen der Anfahrt haben wir dann versucht einige Elemente dieser "Fete" im Bild festzuhalten. Unsere Diashow soll ihnen einen kleinen Einblick vermitteln. Total überwältigt von den vielfältigen Eindrücken aus Landschaft und Getümmel haben wir uns jedoch schon nach knapp 2 Stunden wieder auf den Rückweg gemacht. Da hofften wir, dass nun auch die letzten Nachzügler eingetroffen sein könnten und wir die weitgehend einspurige „Straße“ bergab für uns frei haben würden.

Allerdings hat uns diese Hoffnung getrogen, ausgerechnet an den engsten und steilsten Wegstücken kamen uns immer wieder kleinere Kolonnen von Nachzüglern entgegen. Dabei hat uns das Vertrauen der Türken in Gefährte aller Art schier umgehauen. Jeeps, Pickups, Lieferwagen haben auf der Strecke keine Probleme, aber was hat sich der Porschefahrer dabei gedacht mit seinem Sportcoupe auf die Yayla zu fahren? Etliche Fahrer (und Fahrerinnen!) waren schweißgebadet und fragten uns entnervt, ob sie denn auf dem richtigen Weg zum Yaylafest wären? Auch der Pressereferent des Bürgermeisters kam erst jetzt. Die Eröffnungszeremonie und die Rede seines neuen Chefs hatte er verpasst. Zurück nahmen wir die „Straße“ über die Yayla Kuzdere, da hatten wir nur etwa 8 km Sand- und Geröllpiste und so kamen wir schon nach einer knappen Stunde heil wieder unten an. (Fahrstrecke hin und zurück ca. 56 km)

Fazit:

Es war bestimmt ein gelungenes Fest, das nicht nur den Bewohnern von Kuzdere noch lange als "highlight" 2009 im Gedächtnis bleiben wird. Weitere Berichte gibt es in der Gazete Kemer. Wir haben neue Strecken kennen gelernt, die ich (Ina) ohne Aussicht auf ein solches Großereignis garantiert nicht riskiert hätte. Dabei haben wir auch etwa 20 km des lykischen Pfades im wahrsten Sinne "erfahren" und wissen nun, wie man den Tahtali von unserer Richtung her weitgehend umrunden oder auch erklimmen kann.

Vielleicht setzt man uns ja irgendwann mal auf die offizielle Einladungsliste der Stadt. Ebenso wie beim Kemer-Festival oder beim Speedboot-Rennen fehlte jede Vorankündigung in deutscher Sprache. Gerade so ein lokales Fest auf der Yayla dürfte für interessierte Touristen sehr reizvoll sein. Es gibt sicher nicht nur Diskobesucher unter ihnen.

Nachtrag:

Später am Sonntagabend klingelte dann noch unser Nachbar, den wir mit hinauf genommen hatten und fragte uns, ob wir nachmittags etwas Ungewöhnliches bemerkt hätten (hatten wir nicht). Während das ganze Dorf oben feierte, hatte man ihm alle Ziegen (meine beliebten Fotomotive!) aus dem Stall gestohlen. Leider konnten wir ihm diesmal nicht helfen. Für uns bleibt die bittere Frage, ob auch das zur Tradition gehört?

 

30.04.2011: Nach fast zwei Jahren haben wir wieder mal die Çukuryayla bei Kemer besucht und tolle Aussichten genossen sowie fast 400 Aufnahmen gemacht. Sowohl die einmalige Landschaft zwischen Wolken und Sonne, als auch die blühenden Almwiesen boten eine wahre Augenweide. Die Gelegenheit dazu gaben uns Freunde aus dem Dorf, die ihren jüngst erworbenen Jeep (Bj. 2000) auf „Bergtauglichkeit“ testen wollten und auch ihren allerliebsten Sohn, knapp ein Jahr alt, mit auf Tour nahmen. Da oben in den Bergen der Winter noch immer nicht ganz vorbei ist, bot der Weg etliche schlammige Abschnitte, an anderen Stellen waren Teile des Weges abgerutscht oder durch Steinschlag arg eingeengt. Einmal blieb der bullige Infinity mangels ordentlicher Geländereifen denn auch tief im Modder stecken, kam mit Hilfe eine Steinpackung aber wieder flott. Oben angekommen wurde ein zünftiges Picknick mit hausgemachtem Kartoffelsalat, Bockwurst samt extrascharfem Senf gehalten. Echt eindrucksvoller Ausflug! - Wir haben 42 der schönsten Bilder in einer kommentierten Diashow zusammengestellt.

 

Solche Ausflüge in die Berge sind immer wieder zu empfehlen und die Çukuryayla bietet eigentlich genau das richtige Ambiente für einen stimmungsvollen Hexentanzplatz um die Walpurgisnacht zu zelebrieren! Mit normalen Fahrzeugen (Mietwagen etc.) kommt man bestenfalls bis zur großen Platane hinter der Yayla Kuzdere, die restliche Strecke (8-10 km?) ist dann etwas für die Wanderfreunde. Aber vielleicht wird der Weg zum Sommer hin wieder ausgebessert, wenn dann das ganze Dorf zum Nomadenfest in die Berge zieht.