TÜVTURK

Auch in der Türkei gibt es schon seit vielen Jahren eine rechtlich verbindliche technische Untersuchung für Kraftfahrzeuge. Viele Touristen können das angesichts der hier manchmal umherfahrenden „Schrottwagen“ nicht wirklich glauben, aber alle zwei Jahre muss jedes Auto zu dieser Untersuchung und für unseren alten Nissan war es Ende August 2008 mal wieder so weit.

Eigentlich kein Problem und ganz normal, denkt jeder, der die Türkei nicht kennt, aber…

Zuerst muss man mit den Autopapieren zum zuständigen Finanzamt und sich eine „Schuldenfrei-Bescheinigung“ abholen, das heißt, es wird geprüft, ob für das Auto alle Steuern und eventuelle Strafmandate beglichen wurden. Dank des Computerzeitalters brauchen wir dafür nicht mehr nach Antalya zur zentralen Steuerbehörde zu fahren, sondern können die Bescheinigung beim zuständigen Finanzamt in Kemer bekommen. Wohlweislich hatte ich die Quittungen der letzten Steuereinzahlungen dabei, Strafmandate waren in diesem Jahr nicht angefallen. Ein Blick in den Computer und: „Sie haben in diesem Jahr ihre Autosteuern noch nicht bezahlt!“ Fast wortlos reichte ich die Quittungen über den Tresen, die werden geprüft und für echt befunden. „Aber laut Computer haben Sie nicht bezahlt.“

Tja, da müssen die Herren Beamten wohl mal wieder in Antalya anrufen und fragen, was mit dem Geld geschehen ist. Ich kenne diese Spielchen schon, der Knackpunkt sind meine vielen Vornamen und der Doppelname als Nachname. Soviel passt in keine Computereingabemaske und jeder Beamte kürzt gerade da ab, wo er es für richtig hält. So bin ich praktisch bei jeder Behörde unter einem anderen Namen registriert, leider nur selten dem richtigen.

Nun hat Antalya aber schon Mittagspause, wir sollen nach 14 Uhr wieder kommen. Wird auch gemacht und in unserem Beisein ruft der Beamte nun in Antalya an und wird auf einen Rückruf vertröstet. Inzwischen kommt eine andere Ausländerin, die hat das gleiche Problem, wieder wird angerufen und die Kollegen in Antalya werden endgültig verwirrt. Doch nach einem knappen Stündchen und mehreren Telefonaten ist alles zu unserer Zufriedenheit geklärt, wir haben das notwendige Papierchen! Der Beamte bittet nur noch, wir sollten doch nächstes Mal die Steuern gleich in Antalya bezahlen. Werde ich nicht machen, für 90 km Sprit vergurken und einen ganzen Tag durch fremde Ämter taumeln, einfach nur horrender Unsinn!

Dann bekommen wir noch den freundlichen Hinweis, dass die Auto-Untersuchung 110,90 YTL kostet und auch hier im Finanzamt zu bezahlen wäre. Wir sollten das doch gleich machen, dann bräuchten wir am nächsten Tag bei der Hitze (14.August: Lufttemperatur 38 °C + 85% Luftfeuchtigkeit = gefühlte 75°C) nicht noch einmal wieder kommen. Haben wir auch getan und sind dann am nächsten Vormittag gut gerüstet zum Marktplatz hinter der Post gefahren, wo ansonsten in Kemer jeden Freitag die Auto-Untersuchung stattfindet.

Dort war es jedoch verdächtig leer, keinerlei Untersuchungs-Stress zu erkennen. Ein vorbei kommender Bekannter meinte, Untersuchung wäre erst wieder nächste Woche, da ja letzte Woche selbige schon stattfand und diese nur noch alle zwei Wochen stattfinden würde. An der Tür zu dem kleinen Büro hing ein Zettel, der mitteilte, was man zur Untersuchung alles mitbringen müsste, kein Wort zur neuen Situation. „Fein“, nein doch schon eher unfein, grummel grummel …

Eine Woche später also ein erneuter Versuch in Kemer  eine  „Kfz-Untersuchung“ durchführen zu lassen, nein, diese gibt es hier nicht mehr, ist privatisiert, ihr müsst das doch wissen, das machen jetzt seit 15.8.2008 die Deutschen, mit TÜV! in Antalya...! Antalya ist groß, aber mit Hilfe aus dem Internet finden wir heraus, dass es auch bei Kumluca (50 km südlich von Kemer gelegen) eine Prüfstelle des neuen TÜV-TURK geben soll. Dort habe ich angerufen und geklärt, dass man auch mit einem Ausländer-Auto (gesondertes  Kennzeichen) dort erscheinen dürfte und bekam den Weg beschrieben. (15 km vor Kumluca, an einem der Aussichtsrestaurants..)

Wenn der TÜV nunmehr privatisiert ist, schloss ich messerscharf, was ist dann mit meinen 110 YTL, die ich in der Maliye Kemer (Finanzamt) bezahlt habe? Also hin zum Amte: „Ach, tut uns aber leid, es kam ganz plötzlich, davon haben wir vorher auch nichts gewusst. Sie bekommen ihr Geld zurück. Sie müssen nur ein Dilekci (Antrag) schreiben und ihre Kontonummer für ein Konto auf einer Türkischen Bank angeben, dann wird ihnen das Geld überwiesen“. Also ließen wir uns von einem Schreibkundigen (ich kann zwar Türkisch reden, aber mit der exakten Schriftsprache hapert es doch noch gewaltig) so einen Antrag schreiben und mussten dann noch auf einer der vielen Banken in Kemer ein YTL Konto eröffnen. Dazu braucht man einen gültigen Pass und eine Steuernummer (erhältlich auf einem Amt, dem immer wieder zuständigen Finanzamt, Kemer), nicht mal ein Passfoto, wie ansonsten obligatorisch, war dazu notwendig.

Mit dem Antragschreiben, der Kontonummer und einer Kopie der Einzahlungsquittung ging’s dann wieder ins Finanzamt. Dort wollten sie natürlich das Original der Quittung haben, hatte ich zum Glück auch dabei, ließ mir aber auf der Kopie bestätigen, dass ich das Original abgegeben hätte. Könnte ja sein, dass mit der Rücküberweisung irgendwas nicht klappt, weil der Computer oder verwirrte Beamte oder sonst was oder oder  …

Die TÜV-Untersuchung selbst lief so ähnlich ab wie in Deutschland, mit langen Gruben und einer Hebevorrichtung zur Prüfung von Radlagern und Achsen. Die Mitarbeiter tragen blaue Overalls (keine Lederhosen, obwohl es eine Kooperation mit dem TÜV-Süd aus Bayern ist). Wie überall an öffentlich zugänglichen Plätzen gibt es  „Sicherheitsnadeln“ in einer Polizei-ähnlichen Uniform. Selbige passen u.a. auf, dass man keine Fotos macht. In die neue große Halle darf man auch nicht mit rein, was man irgendwie verstehen kann, denn keiner soll die Prüfingenieure ablenken oder gar beeinflussen können. Das ist halt die neue deutsche Ordnung.

Zum Abschluss gab es einen ausführlichen TÜV-Bericht mit Siegel und Unterschrift, Stempel in den Papieren und natürlich einer Mängelliste. Die Mängel wurden alle als leichte eingestuft. Knallharter Wiedervorstellungstermin: In zwei Jahren zur nächsten Untersuchung! Das Wichtigste, die Plakette auf dem Nummernschild, gab es natürlich auch.

Für ein altes Auto mit über 320.000 km auf dem Tacho mehr als „super“, aber wir haben in diesem Jahr auch schon reichlich Geld in die Karre gesteckt, und das nicht nur, um dem neuen Gewerbegebiet unter die Arme zu greifen.

Ich war vorher schon zweimal mit diesem Auto in Antalya bei der alten Kfz-Untersuchung:

Beim ersten Mal haben sie nur Motor- und Fahrgestellnummer überprüft, beim zweiten Mal dann auch noch Blinker und Hupe! Den neuen TÜV finden wir deshalb mehr als angebracht, werden doch viele Unfälle in der Türkei nicht nur von unachtsamen Fahrern sondern gerade auch durch nicht verkehrstaugliche Fahrzeuge verursacht.

Bei unserer Prüfung waren (bei etwa zehn vorhandenen Prüfplätzen!) leider nur zwei Prüfer zugegen, die pro Auto eine Stunde brauchten. Also selbst wenn man nur eine Handvoll Autos vor sich hat, dauert es viele Stunden bis man überhaupt rankommt. Bei mir waren es  4 1/2 Stunden von der Anmeldung bis zu dem Moment, an welchem endlich die Plakette angeklebt wurde.

P. S.:

Es geschehen noch Zeichen und Wunder - Das Finanzamt hat unserem Antrage entsprochen und die 110,90 YTL, nachdem man alle Unterlagen von mir hatte, kurzfristig auf das neue Konto, quasi sofort, überwiesen!

 

Weitere Themen aus dem Bereich: Leben in derTürkei

 

Leben in der Türkei Teil 1

 

Leben in der Türkei Teil 2

 

Ausländer-Meldestelle in Kemer

 

Aktivitäten zur Winterszeit