Ein paar aktuelle Bemerkungen zum
Leben in der Türkei
Eine kleine
Anmerkung vorab: Dies ist die zweite Fassung unserer aktuellen
Bemerkungen zum Leben in der Türkei, denn die Zeit rennt und wir
haben nun neuere Erfahrungen von Anfang März 2008 einfließen
lassen!
Von unseren
Stammlesern gab es Anfang 2008 schon besorgte Anfragen: „Gibt es
euch noch oder seid ihr etwa wegen mangelhafter Versorgung im
Winter verhungert oder verdurstet?“ Keineswegs, die Versorgung
klappt und wenn wir hier mal darben sollten dann auch, weil die
Preise für einheimische Produkte so arg gestiegen sind. Der
Wechselkurs zum Euro ist seit 6 Jahren praktisch konstant (Stand
Ende Februar 2008: 1 Euro ~ 1,70 YTL) und das bei offiziell 10%
Inflation pro Jahr. Wofür im Jahr 2002 noch 1000 Euro
ausreichten, braucht man heute, bedingt durch den
Kaufkraftverlust des Euro, bereits 1600 Euro. Während sich hier
die im Staatswesen Angestellten im Jahr 2008 auf
Gehaltssteigerungen zwischen 15% und 30% freuen dürfen, ist die
Rente aus Deutschland, auch wenn dort ebenfalls Inflation
herrscht, keinen deut gestiegen. Es ändert sich für uns daran
nur wenig, auch wenn der Tageskurs heute (10.03.2008)
mal bei 1 Euro = 1,90 YTL liegt. Noch ist nicht
abzusehen, ob es sich um eine dauerhafte Änderung des
Wechselkurses handelt oder nur um einen "Wipper" auf dem
Kapitalmarkt.
Alles
zusammen genommen sind hier die Lebenshaltungskosten inzwischen
höher als in Deutschland. Wer mehr dazu wissen will sollte sich
mal den Kaufkraftvergleich vom statistischen Bundesamt ansehen.
Besonders gravierend sind die Preissteigerungen für Gas und
Kraftstoff: 1 Liter Diesel kostet jetzt 1,55 Euro und diese
Preissteigerungen schlagen auch auf viele andere Produkte durch.
Flüssiggas, womit wir kochen, ist mit 43,50 YTL für eine 11 Kg
Flasche, deutlich teurer als in Deutschland. Gott sei dank ist
die Sonne immer noch kostenlos und so haben wir das warme Wasser
aus der Solaranlage auf dem Dach für lau. Die Kosten für
Trinkwasser sind wegen fehlender Aufschläge für die
Abwasserentsorgung sehr moderat. Dabei muss man natürlich
beachten, dass sich das auf das Wasser aus der Leitung bezieht.
Wir hier bei uns im Dorf kochen damit und machen auch Kaffee und
Tee, halt alles was abgekocht wird, denn im Gegensatz zu den
Hotels in Kemer haben wir kein
Problem mit der Chlorierung. Da wir zum Trinken dann noch Wasser
zukaufen müssen relativiert sich die o.g.
Aussage dahingehend, dass wir für einen
Sixpack sprudelndes Wasser (ca. 2 Liter) beim billigsten
Anbieter 2,05 YTL hinblättern müssen, ganz zu schweigen von den
ca. 1,10 € für einen halben Liter Efes-Pils,
welches Joe bevorzugt. Na, dafür kostet meine 2,5 Liter Flasche
Coca-Cola nur 2,15 YTL und scheint so eine Art subventioniertes
Nationalgetränk geworden zu sein!?
Gerade
haben wir unseren vierten Winter gut überstanden. Dazu sei
anzumerken, dass unser Haus, weil eigentlich als Sommerhaus
konzipiert, keine zentrale Heizung besitzt. Während wir im
ersten Winter noch mit Gasöfen geheizt haben, sind wir nun auf
sehr effektive, elektrisch betriebene, „Wärmewellengeräte“
umgestiegen, da eine Kwh nur etwa 13
€-Cent kostet. Nachteil: Alle Geräte mussten aus Deutschland
hergeschleppt werden und das erste gab bereits nach einigen
Monaten den Geist auf (Überspannung!). Da sieht es dann mit
Garantieansprüchen mehr als mau aus. Alles in allem haben wir
ausgerechnet, dass uns die Beheizung des Hauses im Winter nicht
mehr kostet als die Klimatisierung im Sommer. Natürlich haben
auch wir von einer solargestützten Zentralheizung geträumt, aber
leider amortisiert sich diese erst nach mehr als zehn Jahren, da
bei uns komplett nachgerüstet werden müsste. Bei einem Neubau
lohnt sich eine Fußbodenheizung allemal.
Wenn man
nun ausgerechnet in einer Touristenregion wie
Kemer wohnt, ist das allgemeine
Preisniveau ohnehin viel höher als zum Beispiel in ländlichen
Bereichen der Türkei. Dazu kommt die Einstellung vieler Händler,
dass alle Ausländer sowieso reich sein müssen, schließlich
können die sich Urlaub oder Leben im Ausland leisten, weshalb
auch von uns grundsätzlich höhere Preise gefordert werden.
Während das Handeln auf dem Markt oder in den Geschäften für die
Touristen ein lustiger Zeitvertreib ist, geht es einem
Residenten ganz gehörig auf die Nerven, wenn er selbst für einen
Topf Farbe glatt mal doppelt so viel zahlen soll, wie der
türkische Nachbar.
Aber dafür
leben wir in einer wunderschönen Gegend, nicht nur direkt am
Meer sondern auch am Fuße hoher Berge, die uns immer wieder zu
neuen
Entdeckungstouren herausfordern. Wir haben netten Nachbarn
und werden akzeptiert, was wir besonders gern anlässlich von
Einladungen zu Hochzeiten wahrnehmen. Fragen der Integration
stellen sich für uns nicht.
Wir hoffen
ja immer noch, gespeist aus unserem umfangreichen Fundus an
Bildern und Wissen, einen Bildband über die beeindruckende
„Bergwelt am Meer“, unserer neuen Heimat, gestalten und
herausgeben zu können. Der Tourist findet hier leider kein
derartiges Souvenir. Das finden wir natürlich überaus schade.
Leider fehlt für die Herausgabe noch ein Verleger oder Sponsor.
Den
Jahreswechsel haben wir, mit in Avocado-Tomaten-Paprika Soße
gedünstetem Barracuda, gebührlich
gefeiert. Das Anbaden für die neue Saison hat für Joe am fünften
Januar stattgefunden und auch danach gab es noch viele angenehm
sonnige Tage, um in die Fluten zu springen. Natürlich hat er
auch wieder schöne Steine gesammelt. Ein besonders dekoratives
Stück habe ich sogar eingescannt, um dessen Schönheit besser zur
Geltung zu bringen.
Wenn es
dann endlich mal regnet (Mitte Februar haben sich die
Dorfbewohner von Kuzdere wegen der
anhaltenden Trockenheit zu einem Regengebet zusammen gefunden
und am nächsten Tag begann es dann auch zu schütten) bietet
die Natur neue interessante Fotomotive. Der Fluss ist wieder da
und hat nicht nur Steine sondern auch jede Menge Schlamm aus den
Bergen mitgebracht. Trotzdem wollen einige Einheimische dem neu
aufgestellten Warnschild nicht glauben und wie gewohnt die
Abkürzung durch die Furt zwischen Camyuva und Kiris benutzen.
Ganz zum
Schluss dieses Kapitels noch unser Ratschlag:
Wer sich
mit dem Gedanken trägt hier ebenfalls sesshaft zu werden, der
sollte erst einmal ein komplettes Jahr zur Miete „Probewohnen“.
Neben völlig anderen Wetterbedingungen „ticken hier auch die
Uhren anders“, denn man sollte nicht vergessen wo man sich
befindet, nämlich in Vorderasien. Neben einigen, weiter oben
bereits geschilderten Umständen hat das, bezogen auf den alten
Begriff „Asia
Minor“, Vorteile für Leute, die sich an der Antike
begeistern können. Man kann allerorten auf beeindruckende Spuren
aus jenen Tagen stoßen. Das muss man sich aber nicht mit
unnötigen Risiken beim Immobilienerwerb erkaufen. Wir
unterstützen Sie gerne, bitte haben Sie Verständnis dafür, dass
wir auch die Schwierigkeiten deutlich aufzeigen.
Weitere Themen zum "Leben in
Kemer":
Sommer 2009
Leben in der Türkei Teil 2
Ausländer-Meldestelle in Kemer
Aktivitäten zur Winterszeit
Deutscher TÜV für türkische Autos
- TÜVTURK
Unsere
Haustiere
Sonnen-
und Mondfinsternisse (2006 und
2007)
|